USA

Stars und Sternchen

Im Vorfeld der Reise hatten wir durchaus Diskussionen darüber, ob wir Los Angeles überhaupt ansteuern. Die Stadt sei eigentlich keinen Besuch wert, hieß es unisono. Aber es ist nun mal eines der Zentren von Kultur und Trivialität unserer Welt. Der Kompromiss: Wir besuchen LA, spendieren dort aber nur einen Nachmittag.

 

Auf dem Weg in die Stadt macht es im Wagen „Pling“. Mit diesem Alarmzeichen nimmt ein Unheil seinen Lauf, das uns die nächsten drei Wochen wie eine Geißel begleiten wird. Ein Reifen hat zu wenig Luft. An der nächsten Tankstelle füllen wir den Reifen auf, ahnen aber nicht, dass er weiter kontinuierlich Luft verliert. Fortan müssen wir alle ein bis zwei Tage eine Tankstelle ansteuern und Luft nachfüllen. Mit der Zeit nimmt er Druckverlust auch immer mehr zu. So pumpen wir drei Wochen dagegen an, dem Autovermieter einen neuen Reifen kaufen zu müssen.

 

Der Weg nach LA beeindruckt. Der Highway zählt sieben Spuren und ist so voll, dass es nur Stopp and Go vorangeht. Werden wir jemals irgendwo ankommen? Aber klar. Kerstin hat sich mittlerweile zur perfekten Kartenleserin entwickelt und navigiert uns sicher durch den unübersichtlichen Moloch. Erste Station ist Bel Air. Die Grundstückpreise haben hier den Gegenwert einer Kleinstadt in Mecklenburg-Vorpommern. In Bel Air wohnen die erfolgreichsten Schauspieler dieser Welt. Bevor wir das Eingangstor passieren, sehen wir am Straßenrand mehrere Stände, die „Star Maps“ anbieten. Diese Karten zeigen, welcher Star auf welchem Grundstück wohnt. Kerstin sagt: „Das ist ja wie im Zoo.“ Wir verzichten auf eine Karte, drehen eine Runde durch Bel Air – und sehen im Wesentlichen hohe Hecken und feste Zäune.

 

In Beverly Hills machen wir einen Abstecher in ein anderes Villenviertel. Wir steigen aus und spazieren durch die Straße. Es ist eine wirklich schöne Ecke mit traumhaften Häusern, eingebettet in viel Grün. Wir sind wieder die einzigen Fußgänger. Das führt dazu, dass wir von anderen Touristen aus dem Auto heraus fotografiert werden. Es könnte ja sein, dass zwei Promis mal eben auf dem Weg zum Bäcker sind.

 

Wir sind schon nahe des Rodeo Drives, der teuersten Einkaufsstraße der Welt. Auch diese Straße schlendern wir auf und ab. Die Läden der Nobelmarken sind bis in den letzten Winkel cool durchgestylt. Aber einladend wirkt das nicht, drinnen ist meist kein Mensch. Der Rodeo Drive wirkt vertraut, was daran liegen kann, dass Bilder aus Filmszenen wie aus Pretty Women mit Julia Roberts im Kopf lebendig werden. Wir sehen aber keine Stars, die einkaufen. Und selber brauchen wir auch grad’ nichts.

 

Vom Sunset Boulevard fahren wir zum Hollywood Boulevard. Da sind zum einen die Sterne der Stars in den Fußweg eingelassen. Zum anderen bietet der Boulevard den besten Ausblick auf die HOLLYWOOD Schriftzeichen in den Hills.

 

Dort ist nun wirklich die Hölle los. Alles voll mit Autos und Menschen. Unmöglich, einen Parkplatz bekommen. Es geht nur im Schritttempo voran. „Müssen wir hier wirklich aussteigen?“ Ja, wir müssen. Wir versuchen es in einer Seitenstraße. Nichts, überall Parkverbot. Wir quälen uns zurück auf den Boulevard. Vielleicht haben wir nun Glück. Nichts, alles voll. Eine andere Seitenstraße, das gleiche Ergebnis. Wir quälen uns zurück auf den Hollywood Boulevard. Der Puls erreicht neue Höhen. „Müssen wir hier wirklich aussteigen???“ Ja, wir müssen. Dann tatsächlich, ein Parkplatz. Wir steigen aus.

 

Es ist hektisch. Tausende Menschen bevölkern die Fußwege. Für den besten Blick auf die HOLLYWOOD letters, die ca. zehn Kilometer entfernt in den Bergen stehen, wurde eine Fußgängerbrücke von Einkaufzentrum zu Einkaufszentrum gebaut. Die Leute strömen dort hin, wir auch. Auch wir sind nun etwas hektisch, da die Parkplatzsuche viel Zeit und Nerven gekostet hat. Kurz vor der Fotobrücke ist ein cooler Laden, wo noch rasch ein „raise against“ T-Shirt für Judi gekauft wird. Endlich stehen wir auf der Brücke. Kerstin macht in Bild von uns mit den Buchstaben im Hintergrund. Das erste wird nichts, noch eins. Lange halten wir uns dort nicht auf, wir gehen zurück zum Auto. Als wir losfahren, fällt mir etwas auf, dass ich mir den Hollywood-Schriftzug selber gar nicht angesehen habe.

 

Der weltbekannte Surfer Strand von Huntington Beach bei LA ist unser Übernachtungsziel. Der Weg dorthin macht deutlich, wie riesengroß Los Angeles ist. Knapp anderthalb Stunden fahren wir auf dem Highway aus der Stadt heraus. Eigentlich gehen hier mehrere Städte ineinander über.

 

Endlich Huntington Beach. Erst am Wochenende zuvor haben hier die US Open der Surfer stattgefunden. Es macht Spaß, den Surfern zuzusehen. Der Strand, das Hotel – alles toll. Dazu haben wir Glück, dass am Abend ein Straßenfest stattfindet mit vielen Ständen. Es handelt sich nicht nur um gewerbliche Verkäufer, auch Einwohner und Vereine verkaufen Speisen, Tücher, Schmuck oder anderes Handwerk. Die Läden haben alle bis spät in die Nacht geöffnet, Musikbands spielen in den Straßen.

 

Wir entscheiden uns für mexikanische Mini-Burritos und kalifornische Pfirsiche. Alles, was zum Glück noch fehlt, ist ein Bier. Wir suchen einen Bierstand, aber vergeblich. Kein Bier, kein Wein, kein Stand mit Alkohol überhaupt. Zum Glück ist ein Liqueur Store um die Ecke, dort wollen wir uns wenigstens eine kleine Dose Bier holen. Im Laden fällt uns auf, dass kein Mensch auch nur eine Dose Bier bei sich hatte. Uns dämmert, dass Alkohol auf der Straße verboten ist. Nur drei Tage zuvor standen wir bei Walmart vor einem Sonderangebot mit Patronen – zum Mitnehmen. Bier ist verboten. Verstehe das, wer will. Willkommen im Land der Freiheit. Schließlich kaufen wir zwei Dosen Eistee. Kalorienreduziert.

 

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