Oberallgäu (6. bis 15. April)

Runter von der Autobahn und wir halten Ausschau nach unserer Unterkunft. Bundesstraße, nichts zu sehen. Ab auf die Landesstraße, nix. Eine Dorfstraße. Keine Spur von irgendwas. Dann ein Wirtschaftsweg, der sich hochschlängelt. Die Straße hört einfach auf. Angekommen und willkommen auf dem Gablerhof.
Ferien auf dem Bauernhof. Er liegt auf einem Plateau, um das die Iller eine Omega-Schleife zieht. Die Aussicht drumherum 30 Hektar Wiese, gerahmt von weißen Alpenwipfeln. Bilderbuchidylle pur.
Der Hof, das Land werden seit 1799 von Familie Gabler bewirtschaftet. Seit 30 Jahren setzen sie konsequent auf naturnahes Wirtschaften. Aus Überzeugung und als Antwort auf den Bauernfluch, der seit Beginn des Höfesterbens in den 90er Jahren gilt: Wachsen oder Weichen.
Die Rinder stehen knapp 1.000 Meter hoch im Naturschutzgebiet. Sie behalten ihre Hörner und können auch im Stall nach rechts und links austreten, ohne die harte Trennlatte zu spüren zu bekommen. Zu Fressen gibt es nur das Heu von der eigenen Wiese und selbst hergestelltes Bio-Schrot. Sogar das Lebensende ist fair – der Bio-Metzger schlachtet stressfrei. „Das beste Fleisch, das es gibt“, sagt die Bäuerin beiläufig. Sie will gar nicht erst überzeugen oder überreden. Es ist einfach so. Das fühlt sich gut an in einer Zeit, in der irgendwie nichts mehr echt ist, kein Bild in der Tagesschau, kein Erdbeerjoghurt im Supermarkt, kein Post auf Insta.
Doch die knapp 225 Jahre dauernde Tradition der Familie bekommt einen Knick. Von den drei Kindern mag niemand in die Fußstapfen des Heu-, Vieh und Milchbauern treten. Tägliche Knochenarbeit auch an den Wochenenden, ohne den Hof für längere Zeit verlassen zu können. Jeder Handgriff ist reglementiert. Beim Großhändler trittst du in Konkurrenz mit der Milch- und Viehindustrie und bekommst gnadenlos die Preise diktiert. So viel Idealismus und Familiensinn kannst du heute nicht mehr haben. Die Kinder haben längst andere Berufe. Die letzten 25 Rinder werden von einer Tochter nur noch im Nebenerwerb bewirtschaftet. Die Eltern helfen, auch aus Sorge, dass sie die Ställe und Wirtschaftsgebäude im Naturschutzgebiet abreißen müssen, wenn dort nicht mehr gewirtschaftet wird.
Das große Standbein des Hofes ist nun der Tourismus, erklärt Frau Gabler. Vier Ferienwohnungen, fast ganzjährig gebucht. Auch wir haben uns von den 5-Sternebewertungen im Netz überzeugen lassen. Aber offen gesagt: Bei Ankunft wissen wir erst nicht, was wir 10 Tage lang machen sollen. Vorbereitet haben wir uns auch weiter nicht. Nach Monaten Sanierung unseres Mietshauses war einfach mal Zeit für eine Pause.
Wir waren schon einmal einige Tage nahe Kempten, und es war eher langweilig. Jetzt sind wir näher an den Alpen, die ersten 2000er blicken auf uns herab. Also aufs Gradewohl rein in die Bergwelt. Staunender Blick auf die schneebedeckten Bergflächen in der Ferne, als wir die ersten 1.000 Höhenmeter per PKW zurücklegen und dann vom Parkplatz losstapfen. Eine Stunde später stehen wir mittendrin, völlig unvorbereitet verschwinden die Füße in einer durchgehenden Schneedecke. Bei Kaiserschmarrn und Radler stellen wir fest, „richtige“ Berge gibt es gar nicht so weit von zuhause entfernt.
Für die nächste Bergtour bereiten wir uns besser vor. Mit Schneehosen und Fäustlingen ausgestattet starten wir an Ostern Richtung Hörnerbahn in Bolsterlang. Nach einiger Überzeugungsarbeit sitzt auch Lucy in der Bahn, die gemütlich über zunächst grüne Wiesen und später strahlendweiße Skipisten hinwegzuckelt. Oben angekommen geht der erste Griff zur Sonnenbrille und zum Reißverschluss der dicken Winterjacken. Die Schneehosen allerdings machen sich noch bezahlt. Auf dem Versuch, zumindest EINEN Gipfel der uns umgebenden Bergtraumlandschaften zu erreichen, überlesen wir das Schild „nur für geübte Wanderer“ und steckten 15 Minuten später hüfttief im Schnee. Die hinterlassenen Spuren sahen den Schneeengelabdrücken der Kinder nicht wirklich ähnlich.
Die folgenden Tage halten immer neue Überraschungen bereit. Wir finden Wege wie im Hobbit-Land und kaufen Käse aus Sennereien, die mitten in den Bergen liegen. Die Bauern verarbeiten einen Teil der Milch gleich vor Ort. Da steht ein alter Kühlschrank, Geld legst du in die Kasse. Bio muss niemand draufschreiben.
Ohne Erwartungen angekommen, stellen wir am Ende fest, dass wir den Akku wieder auftanken konnten. Aber nicht nur mit Entschleunigung, sondern auch mit außergewöhnlichen Landschaften, mit Eindrücken eines Lebens welches uns so fremd, aber gleichzeitig so authentisch und nah war.
Alanya (Samstag, 18 Dezember 2021 15:21)
Hi,
super geschrieben und ganz tolle Fotos... weiter sooo
www.side-turkei.de
Belek (Samstag, 18 Dezember 2021 15:19)
Hallo,
Tolle Bilder, weiter soo..
www.belek-tuerkei.de
Doris Ochmann (Mittwoch, 10 Februar 2021 23:35)
Wieder einmal super gechrieben. Tolle Bilder, weiter so. Freue mich schon auf den nächsten Reisebericht.
Malte (Samstag, 12 Dezember 2015 18:18)
Moin! Klasse Seite, eure Reiseberichte lese ich immer wieder gerne! Macht weiter so! Beste Grüße aus meinem Urlaub in den Small Leading Hotels in Südtirol
Marina (Mittwoch, 08 Mai 2013)
Da bin ich wohl die erste zum Gewicht schätzen! Hmm, vielleicht 95 Kilo?! Eure Berichte waren natürlich wieder super :-) LG
Katja (Donnerstag, 17 Januar 2013 10:53)
Total schöne Bilder! Willkommen im Club der Reisefans und Liebhaber anderer Länder und Kulture;)Ich hoffe, es kommen noch eine Menge spannnender Reisen dazu.*K
Doris (Donnerstag, 29 November 2012 20:17)
Perfekt, einfach beeindruckend der Bericht und die Fotos.
Danke, dass wir Land und Leute so kennenlernen. :o)
Marina (Dienstag, 27 November 2012 02:47)
Hi Ihr Zwei! War wieder super geschrieben und ganz tolle Fotos! Bis bald in Deutschland :-)
irene (Sonntag, 13 November 2011 12:15)
wow ,toller ,leicht nachvollziehender reisebericht über südafrika und mauritius.ich bewundere euren mut und die grossartigen fotos.vielen dank,dass ihr uns daran teilhaben lasst.
Marina (Mittwoch, 02 November 2011 00:43)
Der USA Reisebericht ist soo super! Hammer Bilder und ganz toll geschrieben! Da bekommt man doch direkt mal Lust, das Land zu erkunden :-) Ich habe übrigens alles bis zum Ende gelesen - bin aber bestimmt nicht die erst, oder? LG
Doris aus Oldenburg (Samstag, 27 August 2011 03:44)
Liebe Kerstin, lieber Markus,
lese mir immer mal wieder die Reiseberichte durch. Wird nie langweilig. Dazu die schönen Fotos. Freue mich schon auf die nächsten
spannenden USA Erlebnisse.
Ekaterina & Andreas&Elisaveta (Freitag, 17 Juni 2011 09:37)
Liebe Kerstin und Markus, so viel tolle Eindrücke haben wir durch eure Reiseberichte bekommen! Weiter so. Wir sind gespannt auf eure nächste Abenteuern!
Bine und Alex aus HH (Samstag, 11 Juni 2011 22:46)
Hey Ihr Zwei Reisenden,
eure Urlaubsreise ist klasse.
Wir freuen uns schon auf die USA-Ergebnisse ;-) Hoffentlich sehen wir uns zum Schlagermove !!
Glg Bine und Alex