Mallorca - Porto Cristo (21. bis 31. Mai)

Ein Bildungsurlaub. Vier Familien mieten eine Finca auf Mallorca, um zwei Fragen zu beantworten – empirisch, im Interesse der Allgemeinheit und für immer. Sie haben zehn Tage Zeit.


1. Frage: Wer ist der Nachbar der Giraffe?
2. Frage: Wie heißt die Mutter von Niki Lauda?


Der Reihe nach. Die erste Frage verrät, dass wir mit einem Schwarm Kleinkindern unterwegs waren. Deren Zahl schwankte zwischen fünf und acht, so genau wusste das niemand. Das alte Bauernhofgelände weckte jedenfalls das Entdeckerherz der überwiegend knapp Zweijährigen und bot unzählige Möglichkeiten, sich in Gefahr zu bringen. Es ist aber alles gut gegangen. Zum Beweis: Es dauerte ganze zwei Tage, bis wir zum ersten Mal die Frage diskutiert haben: „Rufen wir den Notarzt oder fahren wir besser direkt ins Krankenhaus?“
Es war unmöglich, alle Kinder unter Kontrolle zu halten. Entspannung für Eltern gab es, sobald das letzte Kind abends im Bett war – und bevor sich das erste abends wieder gemeldet hat. Etwa Lucy, wenn sie aus dem Bett gefallen war.


Schwierig war es auch, die Kinder zu Themen wie Essen, Anziehen, Baden oder Zähneputzen zu bewegen. Eine Form von gruppendynamischer Multiresistenz verhinderte das. In diesen Momenten griffen wir auf ein altes, bewährtes Hausmittel zurück: YouTube. Das Video "Das Lied der Tiere" bot den Ausweg aus manch verzweifelter Situation. Sobald sich die Kinder wie gebannt um ein Smartphone versammelt haben, war es möglich, etwas herauszuhandeln - zum Beispiel, das Abendessen doch wenigstens zu probieren.


Zur Erklärung: "Das Lied der Tiere" ist ein hüpfender Trecker der von Tier zu Tier fährt, unterlegt von einer Melodie, so simpel, dass sich selbst Phil Collins beim Komponieren geschämt hätte. Zu blöd nur, dass der Song so eingängig ist, dass wir tagelang mit einem Ohrwurm rumliefen.


Das Video beantwortet die erste Frage. Während der Trecker von der Giraffe weiterhoppelt, fragt er: Wer ist der Nachbar der Giraffe? Antwort, und jetzt alle laut und zusammen: der Affe!!


Nun weiter zu Frage Zwei. Wie heißt die Mutter von Niki Lauda? Auch hier ist ein Hinweis versteckt. Denn Spaß wollten wir schon alle miteinander haben. Und das ist gelungen.
Wie in einem Altenheim hatten die Tage eine feste Struktur. Dazu zählte etwa, dass um 14 Uhr Sangria serviert wurde. Wollte jemand als Abwechslung zu den spanischen Bieren ein Desperados einschieben, wurde es aus Zeitgründen nur „Desp“ gerufen. Das wollte auch alles organisiert sein. Die Quittung kam rasch: Nach vier Tagen einkaufen hatten wir bereits 1.000 Euro ausgegeben. Okay, ein paar Spaghetti und Tofuwürste waren auch im Einkaufskorb. 


Zur Krönung der Reise gab es eine richtige Party: Kerstins 40ster Geburtstag. Bei der Suche nach einem gemeinsamen Geburtstagsgeschenk kam die Gruppe folgerichtig auf die Idee, einen Party- und Cateringservice für diesen Tag zu buchen. Es war wirklich herrlich, einmal bedient zu werden. Das irgendwann nervige Tischdecken, Kochen, Abräumen, Abwaschen und Einräumen für eine große Gruppe fiel mal weg. Das Catering war klasse. Zum Service gehörte auch eine Cocktailbar. Auch klasse. Die Überraschung am Abend war dann, dass dem Barkeeper die Softdrinks ausgegangen sind. Cola, Tonic, Limo – Fehlanzeige. Wir hatten auch keinen Vorrat. Der Barkeeper hatte die grandiose Idee, alles mit anderen Drinks aufzufüllen, also den gemixten Alkohol mit noch mehr Alkohol zu mixen. Die Erinnerung an den Abend ist nicht mehr so detailreich. Das Konzept des Barkeepers scheint uns aber überzeugt zu haben. Wir haben noch eine Stunde dazu gebucht.


Zurück zu Frage Zwei - Zu den Partytagen gehörte auch Partymusik. Ein Song hat sich hier als besonders einprägsam herausgestellt: Wie heißt die Mutter von Niki Lauda? Antwort, und jetzt alle laut und zusammen: „Mama Laudaaa, Mama Laudaaa“. Es erfordert einen spezielle Unterform von Intellekt, diesen Joke zu verstehen.  Der Song stammt übrigens – kein Joke – von Almklausi und Specktakel. Das Thema mit dem Ohrwurm hatten wir ja bereits.


Nachdem die beiden Fragen beantwortet waren, galt es, noch weitere kleine und große Hürden zu nehmen. Zum Beispiel die Alarmanlage unserer Finca. Der alte Bauernhof stand in der Nähe von Porto Christo, im Niemandsland. Aus Erfahrungsberichten wussten wir, dass in dieser Gegend gern eingebrochen wurde. Schön, dass wir eine Alarmanlage hatten.
Bei der Ankunft erklärte uns der ältere Besitzer des Hauses, wie sie funktioniert – mit sparsamer Gestik auf Spanisch. Wir hatten es nicht verstanden. Er erklärte er es noch einmal, genauso. Nun wollte sich niemand die Blöße geben, ein drittes Mal zu fragen. Schließlich standen wir dort auch als Repräsentanten der weltweit führenden Techniknation. Tags drauf und einige Probealarme später hatten wir den Dreh dann doch raus. 


Einen anderen Dreh hatten wir auch rasch raus. Das Wetter war an allen Tagen durchwachsen. Erst spät haben wir gemerkt, dass wir schlechte Wetterumschwünge provoziert haben. Sobald jemand nur den Satz ausgesprochen hatte, „lasst uns heute doch mal zum Strand fahren“, begann es zu tröpfeln. Dann sind wir eben doch in der Finca geblieben, die vier Familien mit den mit den fünf bis acht Kindern, dem Nachbarn der Giraffe und der Mutter von Niki Lauda.