Südafrika

Im Tal der Straußen

Hinein in das Landesinnere. Dutzende Kilometer über staubige Pisten. Immer wieder durch kleine Orte mit Ackerbau und Viehzucht. Es sind die großen Farmen der weißen Südafrikaner, die hier bewirtschaftet werden. Unser Zeil ist das kleine Karoo, ein Tal innerhalb der Drakenberge. Es fühlt sich an, als ob wir eine eigene Welt betreten. Erste Station sind die Cango Caves, eine der weltweit einzigartigen Tropfsteinhöhlen. Im Innern treffen wir auf gigantische Gesteinsformationen, Stalaktiten und Stalakmiten von unglaublicher Größe. Zur Besichtigung entscheiden wir uns für die Adventure-Tour. Es geht tief ins Innere. Eine Tafel am Eingang zeigt uns, wie eng es wird. Wie Schlangen kriechen wir dann durch gully-große Tunnel, Stiegen und Wölbungen. Eigentlich nichts für Deutsche. Die Amerikanerin aus unserer 5er-Gruppe bekommt Platzangst und bricht ab.

 

Mit Beulen und Abschürfungen suchen wir dann unsere Unterkunft. Der Name „de Gat“ lässt nichts Gutes ahnen. Es ist burisch und heißt übersetzt „das Loch“. In einer Staub- und Strauchwüste suchen wir vergebens, fragen uns durch. Dann endlich „de Gat“. Eine grüne Oase tut sich auf. Um uns herum ist plötzlich alles grün, satter Rasen, bunte Büsche und Bäume. Es ist der älteste Hof im Tal, aufgebaut von deutschen Auswanderern vor 280 Jahren. Die Familie, heute burisch, lebt dort noch immer. Die kleinen Ställe, der alte Planwagen, alles ist heute für Übernachtungen ausgebaut. Jedes Detail atmet den Flair der Kolonialzeit. Die Deckchen mit Spitze, alte Badmöbel, dicke geschliffene Weingläser.

 

Wir sind gefangen von der Atmosphäre, doch es kommt noch besser. Es gibt ein Abendessen bei Kerzenschein auf der Veranda, das mit historischem Geschirr und Tischdekorationen so opulent ausgestaltet ist, dass wir uns um 150 Jahre zurückversetzt fühlen. Wir essen gemeinsam mit dem Gastgeber und zwei belgischen Ehepaaren und erfahren viel über Land und Leute, das Zusammenleben von Schwarz und Weiß, den gegenseitigen Respekt, über die Verwendung der Sprachen Afrikaans und Englisch. Und wir begraben unser Vorurteil, das es sich bei den Buren um Sturköpfe handelt, die am alten System hängen. Das Frühstück in der alten Wohnstube mit historischen Familienportraits, Folianten und Kolonialmöbeln erweckt erneut den Eindruck, als sei die Zeit vor 150 Jahren stehen geblieben.

 

Für uns geht’s weiter. Wir fahren den Karoo-Pass. Die Straße führt durch steile Felswände, die uns scheinbar erdrücken. Ansonsten begegnet uns immer wieder der Vogel Strauß. 90 Prozent der weltweiten Straußenproduktion stammen aus der Karoo. In den 20er Jahren, als Straußenfedern mit Gold aufgewogen wurde, war die Region

unermesslich reich. Beim Besuch einer Straußenfarm lernen wir, dass Straußenleder noch heute das teuerste Leder ist. Auf der Farm sehen wir, wie die Straußen aus ihren Eiern schlüpfen und können die Baby-Strauße auf den Arm nehmen. Auf der Farm wird mit den Tieren allerhand Kokuloris veranstaltet, bis hin zum Straußenreiten.

 

*** Story of the day: Strauße sind neugierig

Vor unserem Abendessen war noch Zeit für einen kurzen Erkundungsspaziergang: Was liegt da näher, als zu einer der unzähligen Straußenwiesen zu gehen. Gesagt, getan. Wir nähern uns dem Zaun. Ein unglaubliche Welle setzt sich in Gang: Circa 40 Straußen nehmen Fahrt auf und rennen uns entgegen, angeführt von dem Boss der Bande. Als dieser ca. 20 Meter vor uns stoppt, bleiben alle anderen Vögel stehen. Neugierig werden wir beäugt. Regungslos angestarrt. 2 Minuten später ist Rückzug angesagt. Voran wieder der Chef-Strauß. Am nächsten Tag erfahren wir: Straußen interessiert nur Essbares. Gibt es nix, ist es unspannend. Vermutlich sahen wir nur von Weitem appetitlich aus. Zudem sollen sie nicht sonderlich clever sein. Kopf in den Sand und dann gilt: "Seh ich dich nicht, siehst du mich auch nicht". Eigentlich eine ganz gute Taktik, wenn's mal nicht so gut läuft...

 

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