Am Hafen von San Vicente

Wir fliegen weiter auf die Insel San Vicente. Dort sitzt die Agentur, mit der Kerstin unseren Trip organisiert hat. Vor Abflug geraten wir eine komische Situation. Unser Fahrer drückt uns am Flughafen ein Päckchen in die Hand, das wir im Flugzeug mit auf die nächste Insel nehmen sollen. Es handele sich um ein Vitaminpräparat für eine schwangere Kollegin. Das gäbe es nur auf der Hauptinsel. Hm, so genau wissen wir nicht, was wir da mitnehmen sollen. Wir sagen okay, denn der Kontakt zur Agentur war wirklich freundlich. Wir haben auch eine E-Mail mit der Bitte unseres Agenturkontakts. Am Flughafen San Vincente nimmt uns der neue Fahrer das Päckchen sofort ab. Was drin war, wissen wir bis heute nicht.

 

Wir kommen abends an und übernachten in Mindelo, dem alten portugiesischen Kolonialhafen mit historischer Altstadt. Der Hafen Porto Grande war einmal der größte im Atlantik. Hier vermischen sich Afrika und Europa. Wir sitzen abends in einer Hafenbar. Es gibt Nachtleben mit Live-Musik und allen Getränken, die wir kennen. Am nächsten Tag besuchen wir den großen Markt im Zentrum, wissen aber nicht, was hier aus Afrika oder aus China stammt. Eindringlich der Besuch des Fischmarkts. Die fischgeschwängerte Luft ist kaum einzuatmen. In langen Reihen glitzern Fischlaibe in der Sonne, die durch das Glasdach scheint und die Halle aufheizt. Auf dem Boden steht zentimeterhoch das Fischblut, das einfach in das Meer abläuft.

 

Wir übernachten im Hotel Kolonial. Und es hatte wirklich den Charme der Kolonialzeit, die Räume, die Möbel, das Treppenhaus, die Einrichtung. Alles authentisch. Das Wasser der Insel stammt aus der Meerwasserentsalzung. Wegen der Keime trinken wir während der drei Wochen keinen Schluck aus der Leitung, putzen uns nicht einmal die Zähne damit. Bevor es Meerwasserentsalzung gab, haben Tankschiffe Süßwasser von der Insel San Antao nach San Vincente gebracht. Heute gibt es auf den Kapverden nur noch eine Insel ohne eigene Wasservorkommen, die beliefert werden muss. Es ist ausgerechnet Sal, die Touristeninsel mit ihren Hotelburgen.

 

Exkurs III: Reisen mit Kindern

Zum Zeitpunkt der Reise sind Lucy und Leyla fast 6 und 9 Jahre alt. Ist das noch zu früh für eine eher anstrengende Rundreise durch Afrika abseits der Touristenregionen? Wir wussten es vorher nicht. Auf den Kapverden prasselten neue Reize mit voller Wucht auf sie ein. Bittere Armut, null Komfort, heruntergekommene Behausungen, verbrannte Erde. Es wäre einfacher, die gesamte Zeit an einem Ort zu sein. Doch während einer Rundreise lässt sich die Flut neuer Eindrücke gepaart mit Anstrengung nicht steuern. Wir versuchen, vieles einzuordnen. Doch es fehlt an Zeit, alles zu verarbeiten. Was sich aufstaut, sucht sich ein Ventil. Als wir etwa nach einen heißen Tag, Inlandsflug und Verspätung spät abends im Hotel ankommen, gehen die Kinder gleich schlafen. Sie liegen vollkommen erledigt im Bett, in Positionen, als ob wir sie aus fünf Metern Entfernung da reingeworfen haben. Genauso müssen sich die Eltern einschränken. Wir können nicht alles machen, was wir wollen. Wenn uns andere Familien abends von ihren atemberaubenden Wanderungen auf Gipfel oder den Rand eines Vulkankraters berichten, hören wir gebannt zu und träumen von noch größeren Abenteuern mit größeren Kindern. 

 

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