Santo Antão: Die Grüne

Weiter geht’s mit der Fähre nach San Antão. Unser Fahrer, der diesmal gut Englisch spricht, wartet bereits auf uns. Der Tag beginnt mit einer Enttäuschung. Geplant war eine Fahrt über die historische Passstraße, hoch auf den Berghängen über tiefe grüne Schluchten auf alten Brücken und grobem Pflaster. Reiseführer beschreiben die Strecke als eine der schönsten und atemberaubendsten Straßen der Welt. Und wir fahren die Passstraße. Allerdings herrscht an diesem Tag so ein dichter Nebel, wie ihn selbst der Fahrer selten erlebt hat. Wir sehen exakt: gar nichts.

 

Die Nebelwolke spuckt uns aus, und wir sehen wieder nur Sand und Stein. Nach einiger Zeit auf den Kämmen der Sandberge biegen ab Richtung Meer, befahren einen Küstenstreifen und würgen uns offroad über Serpentinen, extreme Steigungen zu unserem Ziel Aldeia Manga. Die Ankunft auf der Anlage ist wieder einer dieser magischen Momente. Sie liegt auf einem kleinen Plateau mit mehreren Ebenen. Darauf verstreut sind einzelne Cottages. Auf der anderen Seite der Schlucht überragt uns eine steile Felswand um weitere hunderte Meter, satt und dicht grün bewachsen. Es erinnert an die Szene aus dem ersten Teil Jurassic Park, als der Heli die Insel erreicht.

 

Nach all dem Sand und Staub empfinden wir die Station als Paradies. Avocadobäume, Palmen, Geckos, Kröten, Hängematten und der gigantische Ausblick vom Steilhang zum Atlantik. Immer in Erinnerung bleib uns der Pool, der eher ein großer Gartenteich mit Treppe ist. Es ist der Teich von Aldeia Manga, in dem Leyla schwimmen gelernt hat. Mit uns im Teich schwimmen Knabberfische, bekannt aus Beauty-Salons. Sobald du die Füße ins Wasser steckst, machen sich Schwärme der Mini-Saug-Karpfen an ihnen zu schaffen. Das Kitzeln an den Füßen ist der große Familienspaß.

 

Aldeia Manga gönnt uns die entspanntesten Tage. Wir wandern ins Fischerdorf am Fuß des Bergs, unternehmen mit einem Guide Tour durch die tropische Vegetation, kehren mittags bei einem Österreicher ein, der mitten im Nichts ein kapverdisches Restaurant eröffnet hat. Es gibt schönes Frühstück und Abendessen in unserer Anlage, viel Obst, Ei, Kartoffeln Fisch und Geflügel. Die Mahlzeiten sind einfach, aber alles bio und von dort. Wir essen gemeinsam mit den anderen fünf oder sechs Familien, lernen uns kennen. Abends spielen wir Karten, gönnen uns einen kapverdischen Wein oder portugiesisches Bier aus dem Selbstbedienungskühlschrank mit Strichliste und starren auch am dritten Tag noch wie gebannt auf das gewaltige Felsmassiv gegenüber.

 

Exkurs IV: Grogue

Jedes Land hat sein Nationalgetränk. Auf den Kapverden ist es Grogue, also Rum. Er fließt reichlich. Zuckerrohr wird allerorten angebaut. Bei einer Wanderung führt uns ein Guide auch zu einer kleinen Brennerei. Vermutlich darf hier jeder seinen eigenen Grogue brennen. Wir sehen, wie der Warme Rum in Kanister abgefüllt wird, die von Frauen dann den Berg hochgeschleppt werden. Wir können probieren. Während Kerstin dankend ablehnt, brennt es Markus den Kehlkopf weg. Die einfache Verfügbarkeit von Rum ist auch ein Problem. Jeder noch so kleine Ort hat mehrere Bars. In den Städten sehen wir tagsüber häufig Alkoholleichen liegen, bei unseren Wanderungen begrüßen uns Arbeiter oft überschwänglich. Sie sind nicht freundlich, sondern schlicht besoffen.

 

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