Vietnam

Im Tal der Herzen

Aufstehen um 3.50 Uhr, Fahrt zum Flughafen Danang, Flug nach DaLat. Dort nimmt uns ein neuer Führer in Empfang: Thieu. Es ist bekannt, dass Asiaten - vorsichtig formuliert - nicht alle englischen Begriffe sauber aussprechen können. Statt weather heißt es wedda, statt "soft" heißt es "sott", "sob" statt "job" und "oss" statt "horse". Unsere Führer zuvor haben wir gut bis leidlich verstanden. Aber bei Thieu bricht ein Hagel von "weddas", "sotts", "osses" und "sobs" über uns herein. Wir verstehen ihn einfach nicht. Ansonsten fällt an Thien auf, dass er trotz sonnigen 25 Grad mit einer Fellmütze unterwegs ist, überall die Frauen anquatscht und uns andauernd Wunder-Präparate empfiehlt, die Krebs heilen oder sicherstellen, dass man Kinder zeugen kann.

 

Dabei hätten wir andere Präparate gut gebrauchen können. Wir wussten vorher nicht, wie wir mit der kompletten Umstellung unserer Ernährung klarkommen würden. Zum Glück haben wir keine gesundheitlichen Probleme bekommen, erleben aber komplett unterschiedliche Auswirkungen. Während Kerstin mindestens dreimal täglich und dann ohne Zeitverzug auf Toilette geht, herrscht bei Markus über 12 Tage absolute Funkstille. Er beginnt, wieder etwas fettiger zu essen. Nichts. Er kauft sich auf den Märkten getrocknete Früchte. Nichts. Er macht Placebo-Sport und hüpft zehn Minuten durchs Hotelzimmer. Wieder nichts. Wir greifen zum letzten Mittel. Kerstin übersetzt im Internet "Abführmittel mit sofortiger Wirkung" auf Vietnamesisch, Markus schreibt das buchstabengetreu ab und entfaltet den Zettel schließlich in einer Art Apotheke. Es scheint, als habe der Körper diese Drohung verstanden. Er muss die beiden Tütchen nicht nehmen, es beginnt sich bei Markus langsam alles zu regulieren.

 

Die Stadt Dalat liegt in den Bergen. Das Klima ähnelt Frühling und Sommer bei uns. Da allerdings ganzjährig Frühling und Sommer ist, sind bis zu vier Ernten im Jahr möglich. DaLat ist das Gemüseanbauzentrum des Landes. Und es ist ein beliebter Ort für Hochzeitsreisende. Die vergleichsweise kühle und trockene Luft wirkt auf Vietnamesen exotisch. Noch dazu wurde die Stadt von Franzosen angelegt, wovon noch heute zahlreiche Gebäude zeugen. Als wir in die Stadt mit Rasen, Kiefern und rot gedeckten Spitzdachhäusern hineinfahren, fühlt es sich an wie im Elsass.

 

Erste Station ist Langbiang, der mit 1.200 Metern höchste Beg der Region. Er bietet eine phantastische Aussicht. Mit Militärjeeps werden wir in einem Affenzahn die Serpentinen hochgefahren. Dort oben erleben wir den Höhepunkt einer anderen Begebenheit. Seit Hanoi passiert es uns täglich, dass sich Vietnamesen mit uns fotografieren lassen möchten. Natürlich haben wir das immer gern mitgemacht. Auf dem Berg nun, wo ganze Touristengruppen unterwegs sind, werden wird im Takt von fünf Minuten von einem Schwarm meist junger, kichernder Vietnamesinnen umringt und aus allen Perspektiven fotografiert. Modeln ist doch ein anstrengender Job. Sein persönliches Ausnahmeerlebnis hat Markus wenig später an einem Wasserfall. Hier bittet ihn eine russische Touristin zum Foto.

 

DaLat ist auch das Honeymoon-Ziel der Vietnamesen. Die Stadt hat sich darauf eingestellt mit Schwanen-Tretbooten, Blümchendeko an den Straßen, Kutschfahrten um den See und allerlei Zweisamkeits-Souvenirs. Auf der Fahrt vom Flughafen sprechen wir mit Thien darüber und erwähnen beiläufig, dass wir in zwei Monaten heiraten werden. Das hätten wir besser lassen sollen. Denn er hat die tolle Idee, unser Programm spontan um den Besuch des „Tals der Liebe" zu erweitern. Dieser kleine Park ist vollgeproppt mit Herzen aller Art, Betonpilzen, Betonrehen, Betonnashörnern und anderen Symbolen von Liebe und Fruchtbarkeit. Thien dirigiert uns zu den besten Stellen für Paarfotos. Kitschiger geht's nimmer. Wir machen uns einen Spaß daraus, drehen den Spieß um und lassen uns von den Vietnamesen diesmal zurückfotografieren, nachdem wir posiert haben.

 

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